Das Anschauen (Inspektion) und Abtasten (Palpation) der Brust durch den Arzt gehört zu einer guten Früherkennung unabdingbar dazu. Bei der Inspektion der Brust können diskrete Veränderungen wie Rötungen, kleine Einziehungen, Dellen oder eine verschobene Brustwarze auf ein pathologisches Geschehen in der Brust hinweisen. Bei der Palpation sucht der Arzt mit seinen Händen das Brustdrüsengewebe und die Achselhöhlen sowie Schlüsselbeingruben (supra- und infraclavicular) auf Verdichtungen und Knotenbildungen ab. Dies sollte bei jeder Patientin erfolgen und nicht nur – wie von vielen Ärzten praktiziert – bei Patientinnen in der Tumornachsorge. Dabei empfiehlt sich auch ein Blick auf die Schilddrüse, da dabei des Öfteren bisher unbekannte Knoten auffallen.
Die klinische Untersuchung mit Inspektion und Palpation durch den Arzt ist sehr wichtig, da er hier durch eventuelle Auffälligkeiten Hinweise auf ein abnormes Geschehen bekommt und so auch noch einmal mit der bildgebenden Diagnostik (Mammographie, Ultraschall) an den einzelnen Stellen ganz genau nachschauen kann. 20 % der Mammakarzinome sind bereits gut tastbar, während sich im Mammogramm nur geringe oder keine Veränderungen zeigen. Anders ist die hohe Rate an Intervallkarzinomen – also bösartige Tumore, die zwischen zwei Mammographie-Terminen auftreten – nicht zu erklären. Bei diesen Tumoren, meist lobuläre Karzinome, d.h. Krebs in den Drüsenläppchen der Brust, bleibt die Tastuntersuchung neben der Ultraschalldiagnostik nach wie vor eine sehr wichtige Früherkennungsuntersuchung.
Nicht nur der Arzt, sprich der Gynäkologe oder Radiologe, sondern auch die Frau selbst sollte sich bereits in frühen Jahren (ab 20 Jahren) mit ihrer Brust in dieser Form auseinandersetzen, um ihre Brust gut kennenzulernen, sich mit der Beschaffenheit ihres Brustgewebes vertraut zu machen und so Veränderungen frühzeitig zu erkennen (s. Brustselbstabtastung – MammaCare-Kurse).
Als alleinige Früherkennungsmethode ist die Brustselbstuntersuchung allerdings nicht geeignet. 80 % der Mammakarzinome fallen zwar durch das Abtasten der Brust auf, das gibt aber keinen Anlass zur Freude. Denn leider – und das ist heute immer noch sehr häufig der Fall – wird jeder Knoten in der Brust irgendwann einmal so groß, dass er tastbar oder gar sichtbar wird und auffallen muss. So lange sollte Frau aber nicht warten, denn je größer ein bösartiger Knoten in der Brust bei seiner Entdeckung ist, desto schlechter sind die Heilungschancen. Tasten Sie sich also nicht nur einmal im Monat ab, sondern nutzen Sie auch die Früherkennungs-Mammographie und den Brust-Ultraschall zum Ausschluss oder Nachweis von Brustkrebs in regelmäßigen Abständen. Nur so lässt sich Brustkrebs frühestmöglich erkennen.
Gehen Sie bei der Diskussion um das Pro und Contra von Früherkennungsuntersuchungen von folgender These aus, die sich in jahrzehntelangem Umgang mit der Brustkrebsdiagnostik bestätigt hat:
Brustkrebs entsteht etwa zwischen dem 20. und 35. Lebensjahr in Form einzelner atypischer Krebszellen in der Brust , die sich zunächst nur sehr langsam vermehren und dabei Jahre bis Jahrzehnte benötigen, um sich zu einem nachweisbaren Knoten zu entwickeln. Durch unterschiedliche Abwehrmechanismen (jede Frau hat ihre individuelle Security, je nach Immunsystem und Lebensstil) ergeben sich unterschiedliche Zeiten, bis der Tumor ab einer Größe von 5-10 mm nachweisbar wird - die verkalkende Frühform (25 % aller Karzinome) am ehesten im Mammogramm, die nicht verkalkende am ehesten im Sonogramm. Durch ein Netz von Früherkennungsmaßnahmen (je nach Risiko in 12 bis 18-monatigen Abständen mit Palpation, Sonographie, Mammographie und ggf. Kernspintomographie), dessen Maschen nicht zu weit sind, ist es möglich, den Tumor - wenn er denn auftritt - in einem so frühen Stadium zu entdecken und zu behandeln, dass die Brust erhalten und das Leben gerettet werden kann. Brustkrebs ist dann kein Todesurteil mehr.
Im Umkehrschluss: Wenn eine Frau ab dem 35. Lebensjahr zu einer Früherkennungs-Untersuchung geht, hat sie den Tumor – wenn sie den jemals einen bekommt - meist bereits in sich. Dann kommt sie also bis zum Lebensende entweder umsonst zu den Untersuchungen oder der Tumor wird rechtzeitig entdeckt, wenn die Untersuchungen regelmäßig in den genannten Abständen erfolgen. Dabei ist es ausreichend, die Mammographien nur mit einem Bild je Brust durchzuführen. Neu auftretenden Mikrokalk erkennt der Arzt auch auf einem Bild, die Frau erspart sich über 50 % der Strahlendosis und kann sich schon in jüngeren Jahren mammographieren lassen. Der Ultraschall ist bei dichteren Brüsten (ACR-Grad 3 und 4) in jedem Fall mit einzusetzen, da er kleinere nicht verkalkende Tumore früher zu erkennen vermag als die Mammographie in strahlendichten Gewebe junger Frauen.
Frau sollte also nicht warten, bis ein möglicher Tumor tastbar wird - denn dann hat er in 40 % der Fälle bereits in die benachbarten Lymphknoten gestreut und die Heilungschancen verschlechtern sich dramatisch. Sie sollte bemüht sein, den Tumor schon 2 bis 3 Jahre vorher zu finden, mit dann noch sehr guten Heilungs-Aussichten. Leisten Sie sich diese Chance!
(Das gilt übrigens auch für andere Krebsarten, z.B. Prostata-Karzinom beim Mann oder Magen-, Darm- und Lungenkarzinome).